Auf der Suche nach Erfolgen

Von Wolfgang Nagorske

 

Der europäischen Politik fällt es schwer, das zurückliegende Jahr als ein erfolgreiches zu charakterisieren. Das ist verständlich. Denn auf allzu vielen Feldern dominiert der Stillstand. Keine Einigung mit den osteuropäischen Ländern auf eine gemeinsame Flüchtlingspolitik, kein Ende der Niedrigzinsofferte der Europäischen Zentralbank und dann ist da noch der neue Präsident der USA, der eher für Unruhe und Kopfschütteln, denn für guten Willen und Berechenbarkeit sorgt. Da trifft es sich gut, das Haager Jugoslawien-Gericht als eine Erfolgsgeschichte zu bejubeln. Das Gericht hat Ende des Jahres nach 25 Jahren seine Arbeit beendet und Lob von fast allen Seiten erhalten: Die Hauptkriegsverbrecher sind verurteilt und auf dem Balkan herrscht wieder Frieden. Wenn es denn mal so wäre. Zwar wurden die bosnischen Serbenführer Karadzic und sein General Mladic vor allem wegen ihres Massakers an der muslimischen Bevölkerung von Srebrenica zu lebenslanger Haft verurteilt, doch von einem friedlichen Nebeneinander der verschiedenen Volksgruppen, geschweige denn von einem friedlichen Zusammenleben kann keine Rede sein. Aussöhnung ist schwierig in einem nach dem Ende des 1. Weltkrieges künstlich zusammengefügten Königreiches, aus dem nach dem 2. Weltkrieg ein sozialistischer Staatenbund wurde. Die heute selbständigen Republiken Serbien und Kroatien sind alles andere als freundschaftlich verbunden und führten im geschundenen Bosnien-Herzegowina jeder auf seine Art einen mörderischen Stellvertreterkrieg. Verurteilt wurden mehr Serben als Kroaten, was erneut den Boden für nationalistische Strömungen bereitet. In Serbien ist in weiten Teilen der Bevölkerung der verurteilte General Mladic ein Märtyrer. Verurteilt wurden auch nicht die Bombardements der Nato auf Serbien ohne ein Mandat der UNO. Zwischen Kroatien und Slowenien schwelt bis heute ein Grenzkonflikt und das Kosovo wird von vielen Staaten in der Welt nicht anerkannt.

Eine erfolgreiche Bilanz sieht anders aus.


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