Die Königsmörder bringen sich in Stellung

Von Wolfgang Nagorske

 

Drei Minuten nach der Wahlschlappe bei der Bundestagswahl am 24. September war sich die SPD einig: Wir gehen in die Opposition. Verkündet hat es der Vorsitzende und Wahlverlierer Martin Schulz. Zwei Monate später sieht das schon ganz anders aus. Schulz steht nach dem Scheitern der Jamaika-Koalition auch heute noch zu seinem Wort. Das ehrt ihn. Doch hinter seinem Rücken wird bereits getuschelt und gemunkelt, so schlecht sei es doch auch wieder nicht, mitregieren zu können. Es sind vor allem die Genossen der Bosse, die sich im so genannten Seeheimer-Kreis organisiert haben und für eine Unternehmerfreundliche Politik stehen. Aber auch einer, der seit zwei Monaten kaum in Erscheinung trat, meldet sich nun plötzlich wieder zu Wort. Siegmar Gabriel, der langjährige Chef der SPD, rügte vehement die Wahlkampfstrategie seiner Partei. Nur mit soziale Gerechtigkeit, so Gabriel, und einer verfehlten Flüchtlingspolitik konnte die SPD gegen die CDU nur verlieren. Ausgerechnet Gabriel. Ausgerechnet er, der als Vorsitzender der SPD zweimal bei Bundestagswahlen nicht als Kanzlerkandidat antrat, weil er die Niederlage spürte und für den Sieg nicht kämpfen wollte, hat nicht das moralische Recht nach der verlorenen Wahl seinen Wahlkämpfern zu sagen, was sie alles falsch gemacht haben. Er hat sich immer, wenn es ernst wurde, aus dem Staub gemacht. Martin Schulz hat die Wahlniederlage auf seine Kappe genommen, auch das ehrt ihn, obwohl es berechtigte Zweifel gibt, ob er der richtige Mann an der Spitze der SPD ist. Was er nicht verdient hat, ist ein eiskaltes Abservieren von jenen, die ihn zu Beginn des Jahres an die Spitze ihrer Partei jubelten und ihn nun loswerden wollen.


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