Deutschland und seine Mauer

Von Wolfgang Nagorske

 

Eine Mauer teilte Deutschland 28 Jahre lang. Mitten durch die alte Hauptstadt. Genau auf der Linie, die den damaligen sowjetischen Sektor von den alliierten Sektoren trennte. Diese Mauer war das Symbol der Teilung Deutschlands, das Symbol des kalten Krieges, ja, das Symbol der geteilten Welt. Nach 28 Jahren brach diese Mauer zusammen, weil die, die sie bauten nicht mehr weiter wussten und der Druck des Volkes nach Freiheit, Demokratie und Selbstbestimmung nicht mehr aufzuhalten war. Vor wenigen Tagen wurde der 30. Jahrestag des Mauerfalls gefeiert. Nicht alle Deutschen feierten den 9. November 2019 so euphorisch wie die Medien. Nicht wenige fragen sich: Ist die Mauer wirklich weg? Nach 30 Jahren sind die Löhne im Westen immer noch höher, die Renten sind nicht angeglichen und der allgemeine Lebensstandard weist ebenfalls immer noch erhebliche Unterschiede auf. Diese harten Fakten sind es, die die Menschen im Osten als ungerecht empfinden. Denn nicht nur im Ruhrpott, auch im lausitzer Kohlerevier wurde hart gearbeitet. Und schließlich kamen die im Osten geschaffenen Werte, wie Kraftwerke und Forschungseinrichtungen ja nun auch dem vereinigten Deutschland zu Gute. Diese Entwicklung war vor 30 Jahren vorhersehbar und Politiker wie Helmut Schmidt, Oscar Lafontaine und Richard von Weizsäcker haben vor einem überhasteten Beitritt der DDR gewarnt. Auch der damalige Bundesbankchef Karl Otto Pöhl sprach sich für eine Übergangsfrist von vier bis fünf Jahren aus, um die auf Absatzmärkte in Osteuropa gerichtete Wirtschaft der DDR zu schützen und ihr eine Anpassung an die Konkurrenzwirtschaft des Westens zu ermöglichen. Die viel umjubelte D-Mark wurde acht Monate nach dem Fall der Mauer eingeführt und viele die jubelten waren wenige Monate später arbeitslos, weil es ihre Betriebe nicht mehr gab. Wer heute die Mauer in den Köpfen der Ostdeutschen beklagt und eine Erklärung dafür sucht, sollte zurück blicken auf jene Zeit, die soviel Begeisterung, Freude und Glück freisetzte, aber in der Folge auch viel menschliches Leid.


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