Die Schuld des Westens

Von Wolfgang Nagorske

Um die heute brandgefährliche Lage an der russisch-ukrainischen Grenze zu verstehen, ist es hilfreich zwei Blicke in die Vergangenheit zu werfen. Im Jahre 1962 nahmen sowjetische Schiffe mit Raketen beladen Kurs auf Kuba. Dort hatte der Revolutionär Fidel Castro zwei Jahre zuvor das USA-hörige Batista-Regime gestürzt und fühlte sich von den USA bedroht. Diese Situation kam den Machtinteressen Moskaus entgegen und es sollten Raketen auf der karibischen Insel vor der Haustür der USA stationiert werden. Der damalige US-Präsident Kennedy mobilisierte seine Streitkräfte und forderte die Sowjetunion zum ultimativen Rückzug auf. Die Reaktion aus Moskau blieb nicht aus. Es werden keine Raketen auf Kuba stationiert, wenn die USA ihrerseits ihre Raketen aus der Türkei abziehen, von denen sich die Sowjets bedroht fühlten. Es kam zu einer Einigung im letzten Augenblick. Die Schiffe stoppten vor Kuba und drehten ab, die Raketen aus der Türkei wurden abgezogen. Der Frieden war gerettet und es entstand ein so genanntes „Gleichgewicht des Schreckens“, an das sich beide Seiten nahezu vierzig Jahre hielten. Als 1986 der neue Führer der Sowjetunion Michail Gorbatschow verkündete, jeder sozialistische Staat entscheidet allein über seine politische Ausrichtung, brach der Ostblock zusammen. Zunächst drängten 1999 Polen, Tschechien und Ungarn in die NATO. Fünf Jahre später auch die baltischen Staaten. Damit war das militärische Gleichgewicht nicht mehr vorhanden. Russland fühlt sich bedroht und wird eine weitere Einkreisung durch die Ukraine nicht zulassen. Auch der zweite Blick bringt Licht in die heutige Reaktion Moskaus. Vor zwanzig Jahren besuchte Wladimir Putin Deutschland und machte den Vorschlag ein gemeinsames Haus von Lissabon bis Wladiwostok zu bauen. Moskau wünschte eine Einbindung in Europa und bot die gemeinsame wirtschaftliche Entwicklung bis in den asiatischen Raum an. Dieser Vorschlag blieb von westlicher Seite unbeantwortet. Es ist heute müßig, die Frage nach dem was wäre wenn zu stellen. Eine große Chance für einen stabileren Frieden jedenfalls, wurde vor zwanzig Jahren vertan.


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