Holpriger Start

Von Wolfgang Nagorske

Der neue Bundeskanzler und auch einige Minister der seit einigen Wochen regierenden Ampelkoalition reisen durch Europa zu so genannten Antrittsbesuchen. Diese verliefen mitunter nicht sehr glücklich. Für seinen Auftritt in Paris erntete Finanzminister Christian Lindner sogar Spott, Häme und auch Unverständnis. Sein französischer Amtskollege Bruno Le Maire begrüßte seinen deutschen Gast in deutscher Sprache. Eine solche Geste drückt die besondere Wertschätzung Frankreichs für seinen deutschen Gast aus. Man hätte erwarten können, dass der deutsche Minister auch drei Sätze des Dankes in französisch erwidern würde. Stattdessen nestelte Minister Lindner an seinem Jackett herum, bis er endlich einen vorbereiteten Zettel fand. Von diesem Zettel las er seine Erwiderung in Englisch ab. Noch dazu nicht fehlerfrei. Einige französische Diplomaten zeigten sich auch aus einem anderen Grund irritiert. Es ist ja bekannt, dass in Frankreich sehr genau auf das unkontrollierte Überschwappen von englischen Begriffen in die eigene Sprache geachtet wird. Es gibt sogar ein Gesetz, dass die Übernahme englischer Ausdrücke nur dann erlaubt, wenn es dafür in der französischen Sprache kein Äquivalent gibt. Deshalb gibt es in Frankreich auch nicht das englische Wort e-mail, sondern die elektronische Übertragung heißt hier le courriel. Erschwerend kommt noch hinzu, dass die französisch-britischen Beziehungen gegenwärtig nicht auf Rosen gebettet sind.

Die neue deutsche Außenministerin Annalena Baerbock verwirrt mit dem von ihr geprägten Begriff einer wertebasierten Außenpolitik nicht wenige Staaten in Europa und der Welt. Im Klartext heißt das ja, dass sich alle Staaten der westlichen Werteauffassung anschließen müssen. Das Problem ist doch, dass dies auch unsere westlichen Partner anders sehen. Außenpolitik wird allgemein als Ausgleich unterschiedlicher Interessen verstanden. Dafür bedarf es nicht nur genaue Kenntnis der jeweiligen unterschiedlichen geschichtlichen Hintergründe, sondern auch feinfühliges diplomatisches Gespür. Der internationale Auftritt der neuen deutschen Regierung kann nur besser werden.


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