Es war einmal eine Volkspartei

Von Wolfgang Nagorske

Es scheint ein unabwendbares Schicksal. In den vergangenen sechzehn Jahren stellte die CDU ununterbrochen den Bundeskanzler. Nach dem gestrigen Wahlergebnis dürfte es damit vorbei sein. Mehr noch. Bei 24 Prozent pegeln sich die Christdemokraten ein. Eine Partei, die nicht selten über 40 Prozent der Stimmen auf sich vereinigte. Diese Partei ist keine Volkspartei mehr. Und so mutet der gestrige Auftritt ihres Spitzenkandidaten Armin Laschet wie eine Karikatur an. Wie ein Ertrinkender auf einer schmelzenden Eisscholle rief er seiner Partei und den deutschen Wählern noch zu: „Ich will aber Bundeskanzler werden.“ Da lag die SPD als stärkste Partei bereits auf der Überholspur bei 26 Prozent. Vor laufender Kamera pochte er darauf: „Auch die zweitstärkste Partei kann den Kanzler stellen.“ Was arithmetisch durchaus möglich wäre, ist realpolitisch eine Phantasmagorie. Die SPD ist zurück wie Phönix aus der Asche und hat das Recht, als stärkste Partei die Regierung zu bilden und den Kanzler zu stellen. So war es jedenfalls immer bei Bundestagswahlen. Auch wenn Armin Laschet das nicht wahrhaben will. Seine  Hoffnung auf die Mathematik ist mehr als trügerisch. Ebenso die Hoffnung auf eine starke CSU in Bayern. Sein Widerpart in der Union Markus Söder hat für die CSU in Bayern das schlechteste Ergebnis seit über 70 Jahren eingefahren und verlor gegenüber der Wahl von 2017 über sechs Prozent der Stimmen. Die Christsozialen liegen in Bayern bei 32 Prozent. Die Unionsparteien haben sich im Licht der Siegesserie von Angela Merkel zu sicher gefühlt in den vergangenen 16 Jahren und den guten Umfragewerten. Diese erwiesen sich als dünnes Eis, das nun zerbrochen ist. Die Nochkanzlerin verließ die stimmungsarme Wahlparty ihrer Partei bereits am frühen Abend.


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