Und am Sonntag ist Wahl

Von Wolfgang Nagorske

Wahlforscher sind auch nur Menschen. Seit Wochen beklagen sie die schwer vorhersehbare Stimmenverteilung auf die zur Bundestagswahl antretenden Parteien. Eine Ursache sehen sie in der Unentschiedenheit  der Wähler. Noch nie war die Zahl dieser Wählergruppe so groß wie in diesem Jahr. Nahezu ein Viertel der Wahlberechtigten weiß sechs Tage vor der Wahl noch nicht, welche Partei oder welchen Kandidaten sie wählen werden. Seit dem leichten Anstieg der Wahlbeteiligung seit dem historischen Tiefstand bei der Wahl 2009, an der sich nur 70,8 Prozent der wahlberechtigten Bundesbürger beteiligten, auf 71,5 Prozent im Jahr 2013 und 76,2 Prozent bei der letzten Wahl 2017, erwarten die Meinungsforscher am kommenden Sonntag eher einen leichten Rückgang der Stimmabgabe. Aber woher kommt diese bemängelte Unentschiedenheit einer so großen Wählergruppe? Eine entscheidende Ursache könnte in den kaum zu unterscheidenden Themen der Parteien in ihren Wahlprogrammen liegen. Mit der Zeit sind alle Parteien für einen besseren Umweltschutz. Früher fast ausschließlich ein Feld der Grünen. Niemand fordert mehr eine Abschaffung der NATO, auch die Linkspartei nicht mehr. Auch bei dem Thema Wohnungsnot unterscheiden sich die Parteien in ihren Lösungsvorschlägen nur in Nuancen. Wen soll man da wählen? Das war im Jahre 1972 anders, in diesem Jahr forderte der SPD-Kanzlerkandidat Willy Brandt die völkerrechtliche Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze. Ein Unding für die CDU. Allein dieses Thema polarisierte die Wähler. Auch in anderen Punkten unterschieden sich die Parteien spürbar. Das Ergebnis: 91,1 Prozent Wahlbeteiligung. Bis heute nie wieder erreicht. Auch in den Kandidaten, die sich um das Amt des Bundeskanzlers bewerben, ist keine ausreichende Strahlkraft zu erkennen, die sich Wähler wünschen, vor allem die Unentschlossenen. Wen soll man wählen? Eigentlich jeden. Man kann nichts falsch machen.


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