Der olympische Abgesang

Von Wolfgang Nagorske

Die Zahlen sprechen für sich. Bei den Olympischen Sommerspielen 1992 in Barcelona holte das deutsche Team 82 Medaillen und landete auf Platz drei des Medaillenspiegels. Seitdem ging es steil bergab. Bei den am Sonntag zu Ende gegangenen Spielen in Tokio stehen nur noch 37 Medaillen und Platz neun in der Bilanz. Selbst der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) spricht in seinem Resümee von einer ernüchternden Ausbeute. Das zeugt noch von einem gewissen realistischen Anflug. Doch kein Wort darüber, wie die olympische Talfahrt gestoppt werden kann oder gar mögliche Fehler ansprechen, die zu dem bisher schwächsten Auftritt einer deutschen Olympia-Mannschaft führten. Weit gefehlt. Da ist die Rede von bestimmten Ländern, die einen leichteren Zugang zum Leistungssport haben. Im Klartext meint man Staaten, die es mit der Demokratie nicht so genau nehmen. Nur, wie will man damit den Erfolg des US-Teams erklären? Früher war man schnell mit dem Argument Doping zur Stelle, um den eigenen Misserfolg zu kaschieren. Das geht nicht mehr, dank eines exzellenten Kontrollsystems. Ein deutscher Leichtathletik-Trainer sah das schlechte Abschneiden seines Athleten in den miserablen Bedingungen im Olympia-Stadion von Tokio und sprach sogar von Betrug. Überhaupt war das punktuelle Auftreten deutscher Funktionäre alles andere als olympisch. Selbst für die Beschimpfung afrikanischer Sportler als „Kameltreiber“ fand die DOSB-Spitze noch Entschuldigungen. Gerade im DOSB liegt aber die Wurzel der mageren sportlichen Erfolge. Der frühere Weltklasse-Schwimmer Michael Groß nannte die Strukturen mittelalterlich. „Hier wird nur über Politik und Posten geredet. Viel wichtiger ist aber eine neue Struktur und Strategie für den Leistungssport in Deutschland."

Bei den olympischen Spielen 1988 in Seoul gewannen die Sportler aus beiden deutschen Staaten mehr Medaillen als die USA, die Sowjetunion oder China.


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