Der dreiste Ururenkel

Von Wolfgang Nagorske

 

Georg Friedrich Prinz von Preußen ist nicht irgendein Ururenkel, er ist der Ururenkel des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II. Und er macht gegenwärtig Schlagzeilen, denn er verlangt umfangreiche Besitztümer der 1918 enteigneten kaiserlichen Familie zurück. In Potsdam gefällt ihm das jüngst aufwendig restaurierte Schloss Cecilienhof und im rheinland-pfälzischen St. Goar die inzwischen zu einem Hotel ausgebaute Burg Rheinfels. Das alles hört sich bizarr an und man fühlt sich in eine Märchenwelt versetzt, wären da nicht gewiefte Rechtsanwälte, die Lücken im deutschen Rechtssystem aufspüren und dem von der Geschichte verhinderten Monarchen durchaus Hoffnungen machen. Doch was ist Recht, wenn es nicht rechtens ist. Dem klagenden Hohenzollernspross sei ein Blick in die Geschichte empfohlen. Sein Ururopa war nicht unwesentlich an der Entfesselung des 1. Weltkrieges beteiligt und schickte Hunderttausende deutscher Soldaten in den Gräben von Verdun und im Argonnerwald in den qualvollen Tod. Als am Ende des Krieges das deutsche Volk ausgeblutet und demoralisiert die Furcht vor dem Kaiser verlor, flüchtete er von Potsdam in das sichere Holland. Dort lebte der „Oberste Kriegsherr“ durchaus nicht mittelos. Bei der Fürstenabfindung von 1926 wurden Wilhelm II. bedeutende Vermögenswerte zugesprochen, die ihm ein Leben der "gehobenen" Art sicherten. 1929, im ersten Jahr der Weltwirtschaftskrise, verfügte der Ex-Kaiser über ein Vermögen von 55 Millionen Reichsmark. Dass Wilhelm II. Hitler 1940 gönnerhaft für den "von Gott geschenkten gewaltigen Sieg" der deutschen Wehrmacht über Frankreich gratulierte, zeigte seine Nähe zu den Nationalsozialisten. Dem einstigen Kronprinzen Wilhelm wird Sympathie zu den Nazis nachgesagt. Ein strammer Parteigänger Hitlers war August Wilhelm Prinz von Preußen, der bereits 1930 in die SA eintrat, dort zum Gruppenführer befördert wurde und 1933 für die NSDAP in den Reichstag einzog. Der jetzt von dem prominenten Ururenkel angezettelte Beutezug provoziert Widerstand an der Havel und am Rhein. In Sichtweite von St. Goar befindet sich die Loreley. Ahnte Heinrich Heine die Zeitlosigkeit seines weltberühmten Gedichtes, das mit der Zeile beginnt: „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten . . .


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