Vier Grundstücke und eine Welle der Empörung

Von Wolfgang Nagorske

 

Der Konflikt schwelt schon seit zwei Jahren. Vier Eigenheimbesitzer in dem beschaulichen Cottbuser Stadtteil Groß Gaglow bekamen damals Post von der Jewish Claims Conference ( JCC ). Die jüdische Organisation fordert darin die Rückgabe der Grundstücke, die jüdischen Familien gehörten und die 1935 von den Nazis in Deutschland enteignet wurden. Die jetzigen Hausbesitzer sind fassungslos. Sie waren nicht mitschuldig an der Enteignung von vor über 80 Jahren. Die Bewohner des Stadtteils stehen hinter den betroffenen Familien. Unterstützung hatte man sich auch von den höchsten Repräsentanten des Landes erhofft. Ein Brief an die Bundeskanzlerin blieb unbeantwortet. Der Bundespräsident signalisierte vor einem halben Jahr immerhin, in der Sache zu vermitteln. Auch das Interesse des deutschen Innenministers hält sich in Grenzen. Die Angelegenheit schlug auch in Israel Wellen. Ein Journalist aus Israel recherchierte beim JCC und in Cottbus, sprach mit den betroffenen Familien. Sein Fazit: So könne man mit Deutschen, die keine Mitschuld an der Vertreibung der Juden aus Deutschland trifft, nicht umgehen. Auch in Israel wird das Vorgehen des JCC kritisiert. Der Zusammenschluss jüdischer Organisationen erfolgte im Jahre 1951, als die Bundesrepublik sich zur Wiedergutmachung an das jüdische Volk bekannte und dafür über 3 Milliarden DM bereitstellte. Die DDR, wie auch die anderen Ostblockstaaten, lehnten die Vereinbarung ab. Sie fühlten sich selbst als Opfer des NS-Regimes und nicht als Täter. Kritisiert wird die Organisation auch von dem amerikanischen Politologen Norman Finkelstein. Er erklärte, die JCC habe die Anzahl der möglichen Überlebenden künstlich überhöht und in die eigene Tasche gewirtschaftet. Nach der Wiedervereinigung wurden auch in Ostdeutschland Ansprüche geltend gemacht. Das jüngste Beispiel sind die vier Grundstücke in Groß Gaglow. Nun hat das Land Brandenburg ein Schlichtungsverfahren eingeleitet. Ausgang ungewiss. Die Politik täte gut daran, eine für die betroffenen Familien befriedigende Lösung zu finden. Alles andere wäre Wasser auf die Mühlen des Antisemitismus.


Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.