Kritik an Israel ist erlaubt. Aber!

Von Wolfgang Nagorske

 

Wer heute in Deutschland die Politik Israels kritisiert, wird augenblicklich mit der Farbe des Antisemitismus übergossen. Das ist ebenso töricht wie unangemessen. Als Angehöriger einer Nation, die in der Zeit des Faschismus, sechs Millionen Juden ermordet hat, verbietet sich Kritik an Israel von selbst, so lautet immer noch die vorherrschende Staatsdoktrin. Die Realität in Deutschland ist aber längst eine andere, weil es diesen Zusammenhang zum Antisemitismus nicht mehr gibt. Wenn Israel in der Kritik steht, weil es illegal Siedlungen auf palästinensischem Gebiet errichtet, dann ist das keine Folge von Judenhass, sondern Kritik am Bruch völkerrechtlicher Vereinbarungen. Und wenn bewaffnete palästinensische Gruppierungen Terroranschläge in Israel verüben, dann wird das ebenso auf das schärfste verurteilt, ohne dabei das gesamte palästinensische Volk zu verurteilen. Als der damalige CDU-Minister Norbert Blüm 2002 an den israelischen Botschafter eine Protestnote richtete in der es hieß, „Israelische Panzer beschießen die Weihnachtskirche und töten unschuldige Menschen. Das ist hemmungsloser Vernichtungskrieg“, wurde er von den Medien und auch von nicht wenigen Politikern in die Nähe des Faschismus gerückt. Blüm reagierte damals auf seine Weise. „Der Vorwurf des Antisemitismus wird auch als Knüppel benutzt, um Kritik an Israel zu verhindern.“ Dieser Satz gilt leider auch heute noch. Die deutsche Politik muss sich fragen lassen, ob sie zu diesem sensiblen Thema in den vergangenen Jahrzehnten auch die sensiblen Antworten gefunden hat. Der Holzhammer ist kein Argument mehr für die jetzige Generation. Natürlich ist es bedrückend, wenn in Deutschland auch heute noch Synagogen bewacht werden müssen, um sie vor Anschlägen zu schützen, während sie in unserem Nachbarland Tschechien Ziel von tausenden Touristen sind, die sich am architektonischen Glanz jüdischer Baukunst erfreuen. Antisemitismus, der zweifellos in der deutschen Gesellschaft anzutreffen ist, überwindet man nicht mit so genannten Totschlagargumenten, sondern wohl eher mit sensibler Aufklärung.


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