Was will das Vereinigte Königreich?

Von Wolfgang Nagorske

 

In London überschlagen sich nahezu stündlich die Meldungen über den Brexit. Harter Brexit? Ja, wenig später nein. Vertraglicher Austritt? Ja, später nein. Eine neue Abstimmung? Ja, wenig später nein. Der vorüber gehend neueste Stand: Die EU will den Brexit verschieben und die oppositionelle Labour Partei will eine neue Volksabstimmung über den Verbleib des Vereinigten Königreiches in der EU. Man könnte hinzufügen, die Möglichkeit von Neuwahlen gäbe es ja auch noch. Doch Neuwahlen werden von den einflussreichen Wirtschafts-und Finanzkreisen in London ebenso gefürchtet, wie die Unwägbarkeiten eines Brexit an sich. Denn angesichts einer völlig zerstrittenen Regierungspartei hätte die Labour Partei wohl die besten Karten, den neuen Premierminister zu stellen. Die Labour Partei ist in den vergangenen Jahren der Opposition stark nach links gerückt und mit der Regierungspartei des letzten Labour-Premierministers Tony Blair nicht mehr zu vergleichen. Labour-Chef Jeremy Corbyn will das Land umkrempeln und sozialer machen. Noch mehr als Corbyn fürchtet das britische Establishment den Finanzexperten der Partei John McDonnell, der dann das Finanzministerium leiten würde. McDonnell macht keinen Hehl aus seiner Verehrung für die ökonomischen Theorien eines Karl Marx und er strebt eine sozialistische Gesellschaft an. Sollte Labour die Wahl gewinnen, würde man daran gehen, Macht und Wohlstand zu Gunsten der Arbeiter umzuverteilen. Gleichzeitig geht McDonnell auf die Unternehmen zu und nimmt ihnen die Angst vor seinen Visionen. Eine sozialistische Gesellschaft, so McDonnell, brauche starke Unternehmen und Unternehmer. Mehr Wohlstand unter den Arbeitern kommt ja auch den Unternehmen zu Gute. Steigende Investitionen und Sozialausgaben sollen freilich über höhere Steuern für Reiche finanziert werden. Diese Steuern werden aber aus Reichen keine Bettler machen. Großbritannien geht spannenden Zeiten entgegen. Aber vielleicht sieht morgen schon alles wieder anders aus.


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