High-Tec und Mittelalter

Von Wolfgang Nagorske

 

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen. Natürlich ist das Erzählenswerte ganz persönlicher Art und auch eine Art des Vergleichens mit vorher Erlebtem und Nicht-Erlebtem. Nehmen wir mal den Flughafen Miami in Florida. Großzügig angelegt zum Beispiel der Parkplatz für Taxifahrer. Wenn die dicht bei dicht stehenden Autos in ihrer gelben Einheitsfarbe plötzlich alle auf Tour wären, dann könnten auf dem verwaisten Parkplatz zwei Fußballmannschaften ein Punktspiel austragen und für ausreichend Zuschauer wäre auch Platz. Natürlich waren nicht alle Taxis auf Tour und der Ruf nach einem dieser gelben Wagen dauert wahrscheinlich nicht länger als gefühlte fünf Sekunden. Das ist auf heimischen Flughäfen schon anders. Mitunter geht da schon mehr als eine Viertelstunde ins Land, bevor man einsteigen kann. Aber ich brauchte kein Taxi, ich suchte den Rückflugschalter, oder moderner gesagt das Gate auf dem ich mein Gepäck auf reisen schicken konnte. Das gestaltete sich schon schwieriger. Der Weg in der Empfangshalle zum Gate nahm kein Ende. Nun bin ich körperlich noch einigermaßen bei einander, aber wehe dem, wer auf eine Gehhilfe angewiesen ist. Kein Laufband erleichtert den scheinbar endlosen Weg mit dem Gepäck. Da helfen auch die Rollen unter dem Koffer wenig. Man sieht auch weit und breit keine Bank auf der man verweilen und Kraft tanken könnte für die nächste Etappe. Die Bank für erschöpfte Reisende ist der geflieste Fußboden und die Rückenlehne die marmorierte Wand. Unterwegs begegnet man öfter uniformierte Anti-Terror-Polizisten mit der Maschinenpistole im Anschlag. Gut, die USA haben schreckliche Erfahrungen mit Terroristen gemacht, aber es gibt doch heute für dieses High-Tech-Land andere Methoden, dem Terrorismus zu begegnen, als brave Reisende zu verunsichern. Doch irgendwann ist das Gepäck aufgegeben und man genießt im Transitraum an einer Bar ein Bier das auch schmeckt, es kommt aus Belgien. Doch am Tresen war ich nahezu der Einzige mit einem Bier in der Hand, die anderen Passagiere hatten ihr Ladekabel unter dem Tresen in eine Leiste von Steckdosen und surften im superschnellen Internet von dem wir daheim nur träumen können. Keine Bank aber blitzschnelle Kommunikation. Allerdings wünsche ich mir von dem neuen Berliner Flughafen, wenn er denn einmal in Betrieb gehen sollte, beides. Bänke und Bars und schnelles Internet. Dann verzeihe ich auch die jemals längste Bauzeit für einen Flughafen.


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